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Außerschulische Kooperationspartner*innen im Gespräch: SCHLAU-Projekt aus Rheinland-Pfalz

Welche Erfahrungen machen außerschulische Organisationen und Initiativen in der Zusammenarbeit mit Schulen? mateneen hat bei einigen nachgefragt und sich nach der Gestaltung, den Chancen und Herausforderungen ihrer Kooperationen mit Schulen in der Großregion erkundigt.

 


Vielfalt akzeptieren und sichtbar machen: Das SCHLAU-Projekt aus Rheinland-Pfalz

Im Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt SCHLAU thematisieren ehrenamtliche Teams aus lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTQ*) Geschlechtervielfalt, sexuelle Selbstbestimmung und den gleichwertigen Umgang mit vielfältigen Lebensweisen. Wie wichtig außerschulische Kooperationen sind, um die Sichtbarkeit und Akzeptanz queerer Menschen in Schule und Gesellschaft zu stärken, erläutert Joachim Schulte, einer der Sprecher des Projekts in Rheinland-Pfalz.

Wie gestaltet sich Ihre Kooperation mit Schulen?

Das SCHLAU-Projekt klärt Jugendliche über unterschiedliche geschlechtliche und sexuelle Identitäten auf und fördert die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgestaltung. Es gibt Übungen zu Alltagserfahrungen von Dabeisein und Nicht-Dazugehören. Unsere geschulten Ehrenamtlichen berichten von ihren Erfahrungen und beantworten die Fragen der Schüler*innen. Sie schildern im biographischen Erzählen von der Zeit Ihres Coming Outs. Wem konnten sie sich anvertrauen? Wie hat die „peergroup“ reagiert? Was hat geholfen und was hat sie gehindert, dies im schulischen Kontext zu tun? Wie haben die Lehrer*innen reagiert?

Welchen Mehrwert bietet die Kooperation für beide Seiten?

Außerschulische Kontakte bilden einen anderen Zugang für das Lernen. Wenn Jugendliche erleben, dass sich Menschen mit ganzem Herzblut für eine Sache einsetzen, sich engagieren und befragt werden können, ist das etwas unheimlich Erfrischendes. Beim SCHLAU-Projekt geht es in erster Linie um das soziale Zusammenleben unterschiedlicher Menschen. Wir kommen als demokratische Gesellschaft nur zusammen, wenn wir nicht in Grenzen denken, sondern in Gemeinsamkeiten und in den Gemeinsamkeiten die Unterschiede wertschätzen. In einer Demokratie braucht es unterschiedliche Stimmen. Wir sind unterschiedliche, vielfältige Menschen und LSBTQ*-Menschen gehören dazu, sind aber in der Regel im Alltag nicht sichtbar. Warum ist Sichtbarkeit so wichtig? Weil wir uns damit gegenseitig Vorbilder geben. Wenn wir zusammenleben wollen, müssen wir uns in unserer Unterschiedlichkeit sehen, uns für unsere Unterschiedlichkeit interessieren, aufeinander zugehen und uns akzeptieren. Unterschiede bedrohen uns nicht.

Wo sehen Sie Herausforderungen? Was sollten Schulen beachten?

Uns ist es wichtig, dass unsere Gespräche in den Schulen vor- und nachbereitet werden. Sonst bekommt außerschulische Arbeit einen Status, der als pädagogisches Lernen nicht ernstgenommen wird. Nicht allein die Tatsache, dass Menschen von außen in die Schule kommen, ist ein Positivum, sondern die aktiv hergestellte Verbindung zwischen beiden. Bildungs- und Entwicklungsprozesse benötigen Zeit, Wiederholung und ein Aufgreifen der Themen auch in anderen Unterrichtsfächern, wie zum Beispiel im Geschichts-, Biologie-, aber auch im Mathematikunterricht – wenn man sich bewusst wird, dass es in Textaufgaben nicht immer Herr und Frau Müller sein müssen. Wir können einen Anstoß geben, aber das Weitertragen muss vor Ort geschehen. Wenn die außerschulischen Initiativen nicht eingebettet sind, fragen Schüler*innen zurecht: Warum machen wir das? Warum kommen die denn?

Was würden Sie sich für weitere Kooperationen wünschen?

Wir wünschen uns, dass auch die Schulleitungen noch selbstverständlicher offen mit dem Themenfeld der sexuellen und geschlechtlichen Identitäten umgehen. Das würde es auch queeren Lehrer*innen erleichtern, sich zu outen. Schule als Ort der Bildung und Erziehung sollte darüber hinaus auch das Gespräch mit Elternhäusern, die skeptisch sind, suchen und dort für die Akzeptanz queerer Menschen selbstbewusst eintreten. Bisher werden wir von Kolleg*innen eingeladen, die für das Themenfeld offen sind. Unser Ziel wäre es, dass das Thema verpflichtend ist und alle Schüler* innen eines Jahrgangs entsprechende Begegnungen erfahren. Zudem wünsche ich mir eine Sichtbarkeit in den Schulen durch Ansprechpersonen und kleine Hinweise wie eine Regenbogenfahne oder einen Sticker, als kleines Zeichen dafür, dass queere Menschen an der Schule existieren und selbstverständlich dazugehören.

 

Homepage: www.schlau-rlp.de





Joachim Schulte

ist einer der Sprecher des Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekts SCHLAU in Rheinland-Pfalz.

Autor*in(nen):

Joachim Schulte (2022)

Titel:

Außerschulische Kooperationspartner*innen im Gespräch: SCHLAU-Projekt aus Rheinland-Pfalz

Erschienen in Ausgabe:

7 / 2022 - Schule öffnen und vernetzen, S. 38.

Stichwörter:
Zitiervorschlag:
Joachim Schulte (2022) : Außerschulische Kooperationspartner*innen im Gespräch: SCHLAU-Projekt aus Rheinland-Pfalz, in: mateneen 7 / 2022 - Schule öffnen und vernetzen , S. 38. Online unter: https://doi.org/10.25353/ubtr-made-a197-83ef