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Schüler*innenfirmen

Schüler*innenunternehmen, nachfolgend als Schüler*innenfirmen bezeichnet, sind nicht nur Gelegenheiten, Wirtschaftskompetenz in einem handlungsorientierten realen Setting anzubahnen, sondern auch eine Möglichkeit für Schüler*innen, sich mit Angeboten außerhalb der Schule in Gemeinde und Gesellschaft zu engagieren.

Schüler*innenfirmenprojekte haben Tradition in vielen Schulen. Sie werden meist mit Wirtschaft, „Unternehmertum“ und ökonomischer Bildung assoziiert und oft an entsprechende Fächer angebunden. Schüler*innen entwickeln dabei eigene Geschäftsideen, realisieren diese und agieren auf einem realen Markt.

Demokratie lernen in Schülerfirmenprojekten?

Demokratie-Lernen vollzieht sich demnach über die fachliche Auseinandersetzung mit ökonomischen Themen, aber auch im wirtschaftlichen Handeln selbst, beispielsweise, wenn in einem Schüler*innenunternehmen Unternehmensformen verglichen, Kreativitätstechniken zur Meinungsbildung genutzt werden oder über Kapitaleinsatz abgestimmt wird. Die dabei gewonnenen Erfahrungen und Kompetenzen sind übertragbar und können Anwendung finden in anderen Prozessen demokratischer Meinungs- und Willensbildung. Schüler*innenfirmen, die nach dem Genossenschaftsprinzip organisiert sind, bieten besondere Möglichkeiten.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass im Kanon unternehmerischer Ziele nicht von einem Primat der Partizipation auszugehen ist. Wirtschaftliche Überlegungen sowie die Verantwortung gegenüber Investor*innen oder Kapitalgeber*innen haben vielfach Vorrang. Mitbestimmung von Mitarbeiter*innen vollzieht sich in festgelegten Gremien und Strukturen, die ebenfalls nicht völlig frei von diesen Überlegungen handeln können. So haben Mitarbeitende nicht nur während der Corona-Krise z.B. durch Verzicht auf Gehalt oder andere Zugeständnisse zum Überleben von Unternehmen maßgeblich beigetragen.

Gelegenheit zur Öffnung von Schule

Schüler*innenprojekte laden zur Öffnung von Schule ein. Im Rahmen der Geschäftsideenfindung wird der regionale Wirtschaftsraum betrachtet: eine Marktanalyse, Machbarkeitsuntersuchungen und Betriebserkundungen bieten Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit Unternehmen, aber auch mit potenziellen Kund*innen. Diese formulieren Wünsche und Bedürfnisse und bieten so einen Einblick in Lebenssituationen. Unterschiedliche soziale Gruppen kommen ins Gespräch: Generationen, Bewohner*innen verschiedener Orte und Stadtviertel oder Menschen aus differenten sozialen Milieus. Bei der Entwicklung neuer Produkte kann es demnach nicht nur um die Perspektive von Unternehmenden gehen, vielmehr können Strukturfragen oder Versorgungslücken vor Ort die Überlegungen zu Innovationen und neuen Geschäftsideen bestimmen. Der Austausch mit Gremien und Mandatsträger*innen vor Ort lassen Mitwirkungsmöglichkeiten erkennen und laden Schüler*innen zu eigenem Engagement ein.

Neben der Geschäftsidee sind Unternehmensform und -struktur von Bedeutung. Eine GmbH schränkt die Haftung und damit auch die unternehmerische Verantwortung bei Misserfolg ein, eine Kapitalgesellschaft ist häufig vor allem Anteilseigner*innen und Investor*innen verpflichtet. Genossenschaften orientieren sich dagegen stärker an Prinzipien der Solidarität oder Gemeinschaft. Gerade Genossenschaften werden häufig dann gegründet, wenn es darum geht, z. B. mit einem Dorfladen die Versorgung vor Ort zu sichern oder als Landwirte gemeinschaftlich Milchprodukte zu vermarkten. Das ist auch in Schulen zu beobachten.

Gerade in der konstituierenden Phase, aber auch im gesamten Verlauf der Unternehmenstätigkeit der Schüler*innen sind zahlreiche Absprachen und Meinungsbildungen nötig. Dabei können Kreativitätstechniken angewandt, kooperative Arbeitsformen genutzt werden.

Der Umgang mit den Ergebnissen ist demokratisch: Ideen stehen gleichberechtigt nebeneinander, werden später diskutiert. Es wird nicht „angeordnet“. Die Arbeit in Schüler*innenfirmen fördert eigenverantwortliches und handlungsorientiertes Lernen. Sie kann einen ganzheitlichen Blick auf Wirtschaft öffnen und bietet eine Vielzahl von Kooperationsgelegenheiten. Schüler*innen handeln in der Realität, jedoch begleitet durch Lehrpersonen und eingebunden in ein schulisches Projekt. Dieses steht unter einem Primat der Pädagogik.

 


CHECKLISTE
Schüler*innenfirmen

Ziel

Schüler*innen treffen begründet nachhaltige ökonomische Entscheidungen. Sie arbeiten partizipativ und nutzen Gelegenheiten zu sozialem, bürgerschaftlich- gesellschaftlichem und persönlichem Engagement.

Zielgruppe

Schüler*innen aller Jahrgangsstufen

Dauer

Im Idealfall als Langfristprojekt mindestens ein Jahr, möglich ist aber auch ein kürzeres Projekt, z. B. Planung eines Pausenverkaufs etc.

Vorgehen
  • Planung und Konstitution: Geschäftsidee finden, Unternehmensziele formulieren, Kapital einwerben, Personal planen
  • Produktion und Vertrieb: Produkte herstellen, Dienstleistungen anbieten, Verkaufsaktionen planen und durchführen
  • Zahlungen verbuchen: Rechnungen zahlen, Gewinne verwenden
Tipp

Auch bei einem kurzfristig angelegten Projekt wie einem Pausenverkauf ist es möglich, die dargestellten Schritte zu beachten. Vielleicht ist der Wunsch nach Unterstützung einer gemeinnützigen Initiative etc. Auslöser für das Projekt. Dann kann z. B. der Schwerpunkt auf den entsprechenden Aspekt gelegt werden (z. B. Gewinnverwendung bei möglichst kostengünstiger Produktion).

 


Überblick über die Materialien

Übersicht: Schüler*innenfirmen vernetzen und engagieren sich

Von der Idee bis zum Leiten eines Unternehmens – alle Schritte auf einen Blick.

Erkundungsbogen: Unser Schulstandort

Vor der Realisierung einer eigenen Geschäftsidee steht die Marktanalyse. Durch sie erhält man einen Überblick über die Unternehmensstruktur vor Ort. Was wird angeboten? Welche Branchen, Dienstleistungen oder Produkte fehlen? Wie ist die Konkurrenzsituation? Der Erkundungsbogen hilft, das eigene regionale Umfeld kennenzulernen, um dann aus Beobachtungen und Befragungen Konsequenzen für die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ziehen. Dabei können unterschiedliche Perspektiven (Unternehmende, Kund*innen verschiedener Altersgruppen, kommunale Entscheidungsträger*innen etc.) berücksichtigt werden.

Auswertungsbogen/Fahrplan: Wir treffen Entscheidungen

Mit Hilfe der Arbeitsschritte können die Schüler*innen ihre Beobachtungen verbalisieren, ordnen und priorisieren. Sie diskutieren in Kleingruppen, ziehen Konsequenzen und legen einen Fahrplan für das eigene Unternehmen fest.





Sabine Gans

ist Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Didaktik der Gesellschaftswissenschaften der Uni Trier und Lehrerin an einer Realschule plus. Als Beraterin für Ökonomische Bildung engagiert sie sich für eine kritische sozioökonomische Bildung und forscht zu Lehrervorstellungen im Kontext von Schüler*innenfirmenarbeit.

Autor*in(nen):

Sabine Gans (2022)

Titel:

Schüler*innenfirmen

Erschienen in Ausgabe:

7 / 2022 - Schule öffnen und vernetzen, S. 15-19.

Stichwörter:
Arbeitsmaterialien
  • Schülerfirmen vernetzen und engagieren sich
  • Wir erkunden unseren Schulstandort
  • Wir werten die Erkundung aus & Wir legen unseren Fahrplan fest
Zitiervorschlag:
Sabine Gans (2022) : Schüler*innenfirmen, in: mateneen 7 / 2022 - Schule öffnen und vernetzen , S. 15-19. Online unter: https://doi.org/10.25353/ubtr-made-eb66-bd75