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Transnationale Schulkooperationen als interkulturelle Lerngelegenheit

Transnationale Schulprojekte bieten vielfältige Gelegenheiten, um Schulen zu öffnen und interkulturelle Begegnungen zu ermöglichen. Insbesondere die Großregion mit ihren transnationalen Bezügen und Dynamiken lässt sich als Ort des kulturellen Austauschs und der europäischen Integration „vor der eigenen Haustür“ nutzen.

Transnationale Schulkooperationen bezeichnen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Schulen, die es Schüler*innen und Schulpersonal ermöglicht, im transnationalen Kooperationsraum gemeinsame Lernerfahrungen zu sammeln. Zu diesen Lernerfahrungen gehört es, sich mit den Menschen, der Kultur, Geschichte und Gesellschaft der jeweiligen Partnerregion(en) auseinanderzusetzen und die Kenntnisse in den Nachbarsprachen zu vertiefen. Hierbei wird es den Teilnehmenden ermöglicht, ihr eigenverantwortliches Handeln und ihr Selbstvertrauen zu stärken sowie Fähigkeiten zum konstruktiven Umgang mit kultureller Vielfalt zu erwerben. Es entstehen anregende Erfahrungsräume interkulturellen Lernens, welche die Teilnehmenden in ihrem Selbstverständnis und ihrer Selbstwirksamkeit sowie in ihrem Demokratiebewusstsein und Freiheitsverständnis nachhaltig prägen können.

Transnationale Schulkooperationen als Entscheidungs- und Planungsprozess der gesamten Schulgemeinschaft

Für die Planung und Durchführung transnationaler Schulprojekte ist es wichtig, die gesamte Schulgemeinschaft und insbesondere die Schüler*innen in den Prozess einzubinden. So können die Interessen und Wünsche der Lernenden aktiv in den Planungsprozess integriert sowie Fragen nach der Wahl der Partnerregion und der Partnerschule bewusst an die Schüler*innen übertragen werden.

Bestehende transnationale Kooperations- und Förderprogramme in der eigenen Region sowie europäische Schulprogramme bieten erste Hilfestellungen bei der Organisation und Finanzierung (vgl. Steckbrief) – und das Unterstützungsangebot ist vielfältig: Von einer digitalen Plattform, auf der Lehrkräfte in einer multikulturellen Umgebung kommunizieren, zusammenarbeiten und Projekte entwickeln, bis hin zu mehrwöchigen interkulturellen Begegnungen für Schüler*innen im In- und Ausland ist alles dabei. Aber auch eine niedrigschwellige Anfrage bei einer Schule in der Partnerregion kann ein guter Schritt sein, um mögliche Kooperationen zu beginnen. Zeitliche Ressourcen für die Vorbereitung und Planung transnationaler Schulkooperationen können unter anderem AGs, Projekttage sowie fächerübergreifende Zusammenarbeiten bieten. Insbesondere bei jüngeren Beteiligten wie in Grundschulklassen ist im Planungs- und Entscheidungsprozess auch auf die stetige Rücksprache mit den Eltern zu achten. Werden Eltern sowohl inhaltlich als auch organisatorisch in den Prozess eingebunden, können Schulkooperationen fester Bestandteil der gesamten Schulkultur werden und diese nachhaltig stärken.

Beispiele transnationaler Schulkooperationen

Gerade die räumliche Nähe der Großregion bietet vielfältige Gelegenheiten für niedrigschwellige Begegnungen, kurzfristige Besuche und regelmäßige Veranstaltungen wie transnationale Arbeitsgemeinschaften oder Projekttage. So können zum Beispiel in Kooperation mit der jeweiligen Partnerschule gemeinsame Schulfeste, Sport- oder Musikveranstaltungen geplant oder auch Auslandspraktika in der Partnerregion organisiert werden. Regelmäßige Veranstaltungen wie gemeinsame Arbeitsgemeinschaften, Lerngruppen und -patenschaften, ein grenzüberschreitender Chor oder eine transkulturelle Fußballmannschaft sind durch die kurzen Wege in der Grenzregion ebenfalls denkbar und lassen sich in den Schulalltag integrieren. Im Rahmen der Planung von Praktika ist es außerdem möglich, dass Praktikant*innen aus verschiedenen Partnerregionen zeitgleich am selben Ort ihr Praktikum absolvieren, was ebenfalls einen interkulturellen Austausch begünstigt. Auch bieten Projektwochen die Chance, dass Schüler*innen in grenzüberschreitenden Projekten zusammenarbeiten oder gemeinsam an internationalen Wettbewerben teilnehmen, wodurch das gemeinsame Gruppengefühl abermals gestärkt werden kann. Darüber hinaus bieten diverse Austauschprogramme jungen Menschen die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum Einblicke in Alltagsleben und Kultur der jeweiligen Partnerregion zu gewinnen.

Transnationalen Schulkooperationen als geteilte Erfahrungen in der Schulgemeinschaft

Für die Nachbereitung transnationaler Schulkooperationen gilt es, die gemachten Erfahrungen mit der gesamten Schulgemeinschaft zu teilen. Dies sollte unabhängig von der Art der Schulkooperation angestrebt werden und kann zum Beispiel in Form von Ausstellungen, Fotografien, Ständen oder Beiträgen in der Schülerzeitschrift geschehen. Hierbei können die Präsentierenden auch aus erster Hand von ihren Erfahrungen berichten und als mögliche Ansprechpartner* innen für Lehrkräfte und Schüler*innen fungieren, die sich für transnationale Schulprojekte interessieren. Durch das Teilen der Erfahrungen mit der Schulgemeinschaft und die nachhaltige Sichtbarkeit der Projekte im Schulgebäude können bisher nicht Beteiligte Einblicke in Themen von Interkulturalität und Transnationalität gewinnen, die wiederum im Unterricht aufgegriffen werden und neue Impulse für transnationale Schulkooperationen und damit für interkulturelle Erfahrungen und Begegnungen geben können.

 


CHECKLISTE
Schulkooperation

Ziel

Förderung des interkulturellen Lernens durch transnationale Schulprojekte

Zielgruppe

Lernende in allen Jahrgängen

Dauer

Wenige Stunden bis mehrere Monate (je nach Programm)

Wichtig
  • Planungs- und Entscheidungsprozess als Aufgabe der gesamten Schulgemeinschaft begreifen
  • Wünsche und Interessen von Schüler*innen miteinbeziehen
  • Erfahrungsaustausch unter den Schüler*innen stärken
  • Erlebte Schulkooperationen für die gesamte Schulgemeinschaft zugänglich machen
  • Erfahrungsschatz als neue Planungs- und Unterrichtsimpulse nutzen
  • Interkulturelle Ausrichtung im Unterricht als fächerübergreifende Querschnittsaufgabe begreifen

 


Steckbrief zu internationalen Schulprojekten in der Großregion und darüber hinaus (eine Auswahl)

Erasmus+ (erasmus-plus.ec.europa.eu)
  • startete 2014 als EU-Programm zur Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung, Jugend und Sport
  • finanziert nach erfolgreicher Akkreditierung bis 2027 sogenannte „Mobilitäten“ in regelmäßigen Abständen (z.B. Kooperationen mit Partnerschulen, Schüleraustausche, Fortbildungen im Ausland)
  • hält nach erfolgreicher Akkreditierung vereinfachte Verfahren für die Beantragung finanzieller Mittel bereit
  • bietet auch Möglichkeiten des interkulturellen Austauschs in Form von Kurzzeitprojekten an („Schnupperkurse“)
ETwinning (etwinning.net)
  • begann 2005 als Hauptmaßnahme des eLearning-Programms der Europäischen Kommission und ist seit 2014 fester Bestandteil von Erasmus+
  • fördert gemeinsames Lernen und Projekte mit Partnerschulen im sicheren virtuellen Klassenraum
  • ermöglicht Lehrkräften aller Fächer, Schulformen und Jahrgangsstufen, mit ihrer Klasse kostenfrei teilzunehmen
  • bietet mit dem eTwinning-Portal als Einstieg in die Welt von eTwinning vielfältige Angebote in 28 Sprachen an (u.a. Weiterbildungsangebote, Neuigkeiten aus anderen eTwinning-Ländern, Beispiele für erfolgreiche Projekte)
Schumann-Austausch-Programm (schuman-programm.eu)
  • richtet sich an Schüler*innen der Klassenstufen 7 bis 10 aller weiterführenden allgemeinbildenden Schulen in Belgien, Lothringen, Luxemburg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland
  • ermöglicht einen mehrwöchigen Schulbesuch in der Partnerregion inkl. Aufenthalt bei Gasteltern
  • verpflichtet die aufnehmenden Schulen, eine Lehrkraft als Tutor*in für die/den Gastschüler*in bereitzustellen
  • verpflichtet die Gasteltern, die/den Gastschüler*in aktiv in die für sie/ihn neue Kultur und in die Gastfamilie zu integrieren (u.a. Zugang zu kulturellen Veranstaltungen, Förderung der Sprachkenntnisse durch Verwendung der jeweiligen Sprache in der Alltagskommunikation)
Europäisches Solidaritätskorps (europa.eu/youth/solidarity)
  • startete 2016 als Programm der EU und wird u.a. von Erasmus+ gefördert
  • richtet sich an junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren sowie an Organisationen
  • fördert freiwilliges Engagement sowie solidarische oder humanitäre Aktivitäten
  • unterstützt auch Freiwilligenteams aus jungen Menschen, die sich europaweit in gemeinnützigen Projekten engagieren





Andrea Klinger

ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt Edu.GR - Europalernen in transnationalen Bildungsräumen. An der Universität Trier forscht sie zur Europabildung in der Großregion, Professionsforschung und Lehrerbildung.

Autor*in(nen):

Andrea Klinger (2022)

Titel:

Transnationale Schulkooperationen als interkulturelle Lerngelegenheit

Erschienen in Ausgabe:

7 / 2022 - Schule öffnen und vernetzen, S. 25-27.

Stichwörter:
Zitiervorschlag:
Andrea Klinger (2022) : Transnationale Schulkooperationen als interkulturelle Lerngelegenheit, in: mateneen 7 / 2022 - Schule öffnen und vernetzen , S. 25-27. Online unter: https://doi.org/10.25353/ubtr-made-d967-cb9e