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Rechtliche Möglichkeiten der Schülerpartizipation im Schulunterricht – Ein Blick in die Großregion
Luxemburg
Gesetzlich verankert für Sekundarschulen ab dem zwölften Lebensjahr sind die gewählten Schülervertreter*innen, d.h. die Klassensprecher*innen, die Schülervertretung pro Schule sowie die nationale Schülervertretung. Deren Aufgabenbereich betrifft teilweise auch die Beteiligung an unterrichtlichen Entscheidungen. Darüber hinaus ist eine solche Beteiligung gesetzlich nicht geregelt.
Die Klassensprecher*innen haben eine repräsentative Rolle und dürfen im Namen der Klasse sprechen. Ab der Mittelstufe haben die Klassensprecher*innen das Recht, am Klassenrat teilzunehmen und sich zu Fragen bezüglich des schulischen Fortschrittes eines Schülers zu äußern sowie bei Diskussionen über die Einstellung und Disziplin eines Schülers oder einer Schülerin teilzunehmen. Welche Themen die Klassensprecher*innen in der Klasse selbst ansprechen dürfen, ist gesetzlich nicht weiter definiert und liegt somit im Ermessen der Schulen und Lehrer*innen.
Laut Gesetz darf die Schülervertretung unter anderem Vorschläge über das schulische Leben und die Arbeit der Schüler*innen machen. Die Direktion muss sich mit der Schülervertretung auf deren Wunsch mit ihnen treffen. Dadurch hat die Schülervertretung die Möglichkeit, auch konkrete Vorschläge wie partizipative Unterrichtsgestaltung oder Feedbackkultur der Direktion zu unterbreiten.
Die Schülervertretung nimmt am Bildungsrat in den Schulen teil. Der Bildungsrat hat die Aufgabe die grundsätzliche pädagogische Orientierung der Schule mitzugestalten und kann sich zu allen Fragen, die das Schulleben betreffen, äußern.
Rheinland-Pfalz
Das Schulgesetz von 2016 sieht explizit eine Beteiligung der Schüler*innen, entsprechend ihrem Alter und ihrer Entwicklung an der Gestaltung des Unterrichts vor. Es ist Aufgabe der Schule, den Schüler*innen diese Mitwirkung zu ermöglichen. Ebenfalls gesetzlich vorgesehen sind die Schülervertretungen auf sämtlichen Ebenen. Die direkte Beteiligung an unterrichtlichen Entscheidungen hat vor allem die Klassenversammlung. Sie hat die Aufgabe, sich „in allen Fragen, die sich bei der Arbeit der Klasse ergeben, zu beraten und zu beschließen“.
Die übergreifende Schulordnung unterstreicht das Grundrecht auf Mitbestimmung. Sie sieht vor, dass „Schülerinnen und Schüler […] für alle Bereiche des Schullebens Vorschläge unterbreiten“ können. Die Schule „beteiligt die Schülerinnen und Schüler an der Planung und Gestaltung des Unterrichts, des außerunterrichtlichen Bereichs und der schulischen Gemeinschaft.“
Saarland
Die Mitbestimmung von Schüler*innen, Eltern und Schulpersonal wird im Saarland über ein spezifisches Mitbestimmungsgesetz geregelt: „Gesetz Nr. 994 über die Mitbestimmung und Mitwirkung im Schulwesen – Schulmitbestimmungsgesetz“.
Die unmittelbare Beteiligung der Schüler* innen beinhaltet explizit die Beteiligung an der Gestaltung des Unterrichts. So sind, laut Gesetz, die „Schülerinnen und Schüler […] ihrem Alter entsprechend über die Unterrichtsplanung ihrer Lehrkräfte zu informieren und im Rahmen der für Unterricht und Erziehung geltenden Bestimmungen an der Planung und Gestaltung des Unterrichts zu beteiligen. In Fragen der Auswahl des Lehrstoffs, der Bildung von Schwerpunkten, der Reihenfolge einzelner Themen und der Anwendung bestimmter Unterrichtsformen ist den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit zu Vorschlägen und Aussprachen zu geben. Soweit Vorschläge keine Berücksichtigung finden, sind den Schülerinnen und Schülern die Gründe dafür zu nennen.“
Zusätzlich sieht das Gesetz Schülervertretungen auf sämtlichen Ebenen vor. Ab Klassenstufe 8 nimmt die Schülervertretung auch an den Klassenkonferenzen als beratendes Mitglied teil. Die Klassenkonferenz „befasst sich mit allen Angelegenheiten, die für die Arbeit der betreffenden Klasse von wesentlicher Bedeutung sind“. An Beratungen über die Notengebung auf den Halbjahreszeugnissen sowie über die Versetzung der Schüler*innen nimmt die Schülervertretung in der Regel nicht teil. Die Schulaufsichtsbehörde kann jedoch auf Antrag der Schulkonferenz versuchsweise zulassen, dass die Klassenschülersprecher* innen auch an diesen Treffen teilnehmen. Ein solcher Antrag bedarf jedoch einer Zustimmung von drei Vierteln ihrer Mitglieder.
Frankreich
In Frankreich wird die Möglichkeit der Mitbestimmung der Schüler*innen am Schulleben über Schülervertretungen auf verschiedenen Ebenen geregelt. Die wichtigsten sind die Klassenvertreter sowie die Räte über das Schulleben pro Schule. Die genauen Bestimmungen stehen nur teilweise im Schulgesetz selbst, allerdings hat der Bildungsminister per Rundschreiben an sämtliche Schulleitungen verbindliche Anweisungen erteilt, wie die verschiedenen Instanzen, die das Schulleben betreffen, funktionieren sollen. Die gewählten Klassenvertreter*innen nehmen am Klassenrat teil. Sie dürfen sich im Namen der Klasse zu allen Fragen, die die pädagogische Gestaltung der Klasse und der Stundenzeiten betreffen sowie zur Orientierung äußern. Des Weiteren ist eine Versammlung aller Klassensprecher*innen vorgesehen. Dabei werden Schülervertreter* innen in den Verwaltungsrat der Schulen und in den Disziplinarausschuss gewählt. Jede Schule soll außerdem einen Rat über das Schulleben aufstellen. Der Rat besteht zur Hälfte aus gewählten Schülervertreter* innen und zur Hälfte aus erwachsenen Mitgliedern der Schulgemeinschaft (Schulpersonal und Eltern). Er ist das wichtigste Austauschorgan zu allen Fragen, die das Schulleben betreffen. Er muss unter anderem obligatorisch befragt werden zu allen Themen, die die Organisation der Studien und der Schulzeiten sowie die internen Regeln betreffen.
Belgien (Wallonie)
In Wallonien sind zwei Hauptinstrumente für die Beteiligung der Schüler*innen gesetzlich vorgesehen: Die Klassenvertretung, deren Mitglieder sich im Rat der Klassenvertretung aller Klassen treffen, sowie der Beteiligungsrat. Zwei Rundschreiben des Ministeriums an die Schulen definieren genauer wie die Beteiligung der Schüler*innen aussehen soll. Der Beteiligungsrat ist das zentrale Austauschorgan der Schule, das alle Akteure der Schulgemeinschaft zusammenbringt. Seine Hauptaufgabe besteht in der Mitarbeit bei der Ausarbeitung des Schulentwicklungsprojekts. Das Schulentwicklungsprojekt definiert die pädagogische Ausrichtung und die Umsetzung konkreter pädagogischer Maßnahmen. Drei bis sechs gewählte Schülervertreter*innen sind Mitglieder im Beteiligungsrat.
Die Klassenvertretung ist in der Wallonie gesetzlich zusammen mit obligatorischen interdisziplinären Aktivitäten zur Förderung der aktiven Staatsbürgerschaft verankert. Die genauen Aufgaben der Klassensprecher*innen sind nicht gesetzlich definiert. Der Rat der Klassensprecher* innen kann sich zu Problemen in bestimmten Klassen oder in der Schule äußern sowie Vorschläge, die das Schulleben betreffen, unterbreiten.
Belgien (Deutschsprachige Gemeinschaft)
In der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens sieht das Gesetz vor, dass die Schüler*innen durch gewählte Schülervertretungen am schulischen Leben mitwirken. Die genauen Bestimmungen über die Form der Mitwirkung definiert jede Schule selbst über ihr Schulprojekt. Diese Bestimmungen werden gemeinsam mit der Schülervertretung im Pädagogischen Rat erarbeitet und dem Schulträger zur Entscheidung vorgelegt.
Service de la Jeunesse des Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse (MENJE)
Autor*in(nen):
Service de la Jeunesse des Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse (MENJE) (2019)
Titel:
Rechtliche Möglichkeiten der Schülerpartizipation im Schulunterricht – Ein Blick in die Großregion
Erschienen in Ausgabe:
03 / 2019 - Partizipation im Unterricht, S. 13-15.